„Es ist kein Problem, wenn du Selbstgespräche zu führen beginnst. Es wird nur bedenklich, wenn du bei diesen Gesprächen mit dir auf etwas Neues draufkommst!“ Es stimmt: Selbstgespräche sind im Vormarsch, auch wenn sie oft als Gespräche miteinander getarnt sind. Menschen wollen nur sich selbst hören und ihre Ansichten den anderen aufdrängen, der oder die andere werden dann nicht gehört. Dies gilt nicht nur im Blick auf Menschen, sondern auch auf die Umwelt. Der eigene Wille soll dieser aufgezwungen und damit durchgesetzt werden. Dazu entwickeln wir Mittel, mit denen Wachstum erzielt und Beschleunigung erreicht werden sollen. Damit wollen wir uns die Welt und die Menschen verfügbar machen.
Bis zu einem gewissen Grad ist das wichtig und gut. Wir sind gerufen, selbstbestimmt zu leben und dazu die Mittel zu nutzen. Dinge und Mitmenschen rücken dadurch in Reichweite, wir weiten unseren Zugriff auf die Welt aus. Zugleich aber beschneiden wir die Mitmenschen und die Umwelt dann oft in ihren Möglichkeiten der Entwicklung. Der Soziologe Hartmut Rosa fordert deswegen Resonanz, wie er es nennt, als einen wichtigen Punkt in der Begegnung mit der Welt und den Mitmenschen ein. Er will damit der Tatsache Rechnung tragen, dass ein gelungener Umgang mit der Welt ein Eingehen auf die Eigenart dieser Welt und der anderen braucht. Aus einem Reden, das die eigenen Vorstellungen dem anderen aufzwingen will, soll ein Dialog werden, der darin besteht, dass man sich vom anderen, Mensch wie Welt, berühren lässt und darauf mit eigener Stimme antwortet.
Das bedeutet nun also nicht, die eigene Stimme zum Schweigen zu bringen. Vielmehr verhält es sich so wie in einem Kanon, der nicht dann am schönsten klingt, wenn ich umfalle und mich dem Gesang der anderen anschließe. Ebenso störend für den Gesang ist es, wenn ich die anderen übertönen und zum Schweigen bringen will. Die Stimmen müssen aufeinander bezogen werden, damit Harmonie entsteht.
Wird nicht oft auch das Beten als Selbstgespräch gestaltet, mit dem ich alles übertönen will? Mit dem Gebet wollen wir in manchen Fällen unseren eigenen Willen Gott aufzwingen. Wie bei einem Automaten wird das Gebet eingeworfen, damit Erfüllung herauskommt.
Beten aber bedeutet, in Resonanz, in Beziehung mit Gott zu kommen. Gott ist nicht das Echo meiner Wünsche. Vielmehr gilt: Gott lässt sich durch den Menschen erreichen, der Mensch kann Gott hören. Beten ist also nicht ein Echo, das nur die eigene Stimme zurückwirft, sondern wir treten in hörende und antwortende Beziehung. Und es ist gut, wenn ich dadurch auf etwas Neues stoße.
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