„Redet nicht über uns, sondern mit uns!“ So lautete die Überschrift in einer Zeitung über ein Interview mit einer Migrantin. Bildet diese Überschrift nicht in vielen Punkten die Zustände in unserer Gesellschaft ab? Wir reden gerne über Personen, aber nicht mit ihnen. Ein Grund dafür könnte darin liegen, dass wir uns sonst in Gefahr begeben, unser vorgefasstes Bild von ihnen verändern zu müssen. Wir hätten in der Folge nicht die Möglichkeit, vieles von dem, was da über die jeweiligen Personen gesprochen wird, weiter als richtig auszugeben. Zusätzlich wäre das, was wir unter der einleitenden Frage: „Hast du schon gehört?“ so erzählen, dann doch nicht mehr interessant. Das, was wir glauben, was wir gehört haben, wäre nicht mehr aufrecht zu erhalten.
Geht es uns nicht auch mit Gott so? Unser Glaube gründet, und das ist auch notwendig, auf dem, was wir gehört haben, in der Familie, im Religionsunterricht, in der Kirche. Es ist wichtig, all diese Stimmen zu hören, gut hinzuhören. Aber geht es uns nicht schon beim Hören mitunter so wie im folgenden Witz?
Bei der Eröffnung des Gottesdienstes klopft der Pfarrer ans Mikrofon und murmelt: „Hier stimmt etwas nicht mit dem Mikro!“ Da tönt es aus 200 Kehlen: „Und mit deinem Geiste.“
Das gute Hören ist Voraussetzung des Glaubens, aber genügt es? Fehlt nicht die Erfahrung des Redens mit Gott, um wirklich glauben zu können? Denn auch bei gutem Zuhören – könnte Gott nicht zu uns sagen: „Es ist sehr gut, dass ihr über mich redet, aber redet nicht nur über mich, redet auch mit mir!“ Daraus könnte Glaube erwachsen, der aus der Begegnung kommt und der manches, was so aus dem Hörensagen oberflächlich, aber dann doch tief verankert, in uns steckt, zurechtrücken könnte. In einem Roman, der mir vor kurzem untergekommen ist, findet sich der Satz: „Ich habe einmal gelesen, dass, als die Leute nicht mehr an Gott glaubten, ihr Problem nicht darin bestand, an nichts mehr zu glauben, sondern darin, dass sie offen waren, absolut alles zu glauben.“ Und tatsächlich glauben heute Menschen Dinge, die offensichtlich falsch sind und den anderen in ein falsches Licht rücken, ihm nichts Gutes zutrauen, aber alles Schlechte zuschreiben.
Die kanaanäische Frau aus dem Evangelium vom Sonntag lässt sich von dem, was ihr ihre Mitmenschen so über Jesus erzählt haben, nicht davon abbringen, sich direkt an Jesus zu wenden. Er, der sich nicht zu den Kanaanäern gerufen sieht, also keiner von ihnen ist, wird vom Glauben dieser fremden Frau, der sich im Reden miteinander zeigt, überrascht, auch überwältigt. So zeigt er sich als der, der heilt und Heil bringt.
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