„Male mich, wie ich bin. Wenn du die Narben und Falten fortlässt, zahle ich dir keinen Schilling.“
So die Aufforderung Oliver Cromwells, des englischen Politikers der 17. Jahrhunderts, an den Maler, der ihn porträtieren sollte. Die Wirklichkeit sollte so dargestellt werden, wie sie ist. Wie anders ist das in vielen Fällen heute!
Das Gegenteil ist oft angesagt: ein oberflächlicher Blick, beschönigend oder verzerrend, die Sensation, das Urteil aus der Ferne?
„Komm und sieh!“ Unter diesem Motto steht die Botschaft von Papst Franziskus zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel am 23. Jänner dieses Jahres. Diese Kommunikationsmittel sind uns ja eine große Hilfe in dieser Zeit von Corona, wenn wir der Aufforderung, zu kommen und zu sehen, in direkter Weise oft nicht nachkommen können.
Handy oder Computer können die direkte Begegnung aber nicht ersetzen. Der Papst weist in dieser Botschaft darauf hin, dass der Berichterstattung in welchem Medium auch immer eine Begegnung zugrunde liegen muss. Dies ist notwendig, um der Versuchung zu entgehen, etwas vom Hörensagen her zu berichten, was vielleicht gut erfunden ist, aber der Wirklichkeit nicht entspricht, oder nur an der Oberfläche zu bleiben. So wird in der Berichterstattung oft aus einer Mücke ein Elefant gemacht, und umgekehrt werden tiefgehende Herausforderungen bagatellisiert. „Wenn wir nicht für Begegnungen offen sind, bleiben wir außenstehende Zuschauer, trotz der technologischen Innovationen, die uns eine immer umfassendere Wirklichkeit vor Augen führen können, in der wir scheinbar versunken sind.“ So der Papst wörtlich.
Oft ist es ja die bequeme Überheblichkeit des „Weiß ich schon!“, die der Papst anspricht und die uns daran hindert, uns wirklich auf die Menschen einzulassen, wirklich zuzuhören. Das ist aber oft fordernd: den Menschen so zu sehen, wie er ist und nicht, wie wir ihn sehen wollen. Ereignisse und Menschen werden in der Folge zurechtgeschrieben oder zurechtgefilmt. Wir bleiben wie Zuseher, die eine Szene sehen, ohne die Hintergründe zu kennen und ohne dem Menschen gerecht zu werden. Wir gehen nicht nach der Devise „Komm und sieh“, sondern kehren sie oft um in: „Sieh, du brauchst nicht zu kommen.“
Eine ältere Frau beschwert sich: „Ihr Sohn hat mich alte Kuh genannt – was haben Sie dazu zu sagen?“ Die Mutter empört: „Unerhört, ich sag dem Jungen immer wieder, er soll andere Leute nicht nach dem Aussehen beurteilen!“