Die Verantwortung für den Mitmenschen ist ein wesentlicher Zug des Christentums von Anfang an. Gott ist unser aller Vater und in Jesus Christus ist er unser Bruder geworden, damit wir uns geschwisterlich begegnen. „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan!“
So die Worte des Menschensohns beim Weltgericht, wie sie der Evangelist Matthäus überliefert. Unser Leben wird daran gemessen, wie wir dem Mitmenschen, in dem sich Gott zeigt, begegnet sind. Christentum ist somit gesehen, sehr einfach: Wenn wir einem anderen zu essen oder zu trinken geben, wenn wir einen anderen besuchen, so begegnen wir in diesen Menschen Gott.
n der Lesung zum Sonntag aus dem 1. Johannesbrief ist der Grund dafür klar angesprochen: „Geliebte, wenn Gott uns so geliebt hat, müssen auch wir einander lieben.“
Diese Liebe soll sich in unserem persönlichen, direkten Verhalten dem anderen gegenüber zeigen, aber auch daran, wie wir eine Gesellschaft gestalten, in der alle Menschen mehr Mensch werden können. Es geht nicht nur um die persönliche Haltung dem anderen gegenüber, die den Christen auszeichnen soll, sondern auch um das Bemühen Strukturen in der Gesellschaft betreffend, die allen Menschen Entwicklungsmöglichkeiten bieten soll.
Hier liegt ein wesentliches Element der Verantwortung für die Welt.
Am 15. Mai 1891, also vor 130 Jahren, hat Papst Leo XIII. sein Rundschreiben „Rerum Novarum“ herausgegeben, in dem es genau um diese Verantwortung in den Herausforderungen einer Welt, die sich in der Industrialisierung wesentlich verändert hatte, geht. Mit dieser Enzyklika ist ein Anfangspunkt gesetzt worden für die moderne katholische Soziallehre, die prägend geworden ist für die Entwicklung unseres Sozialwesens etwa oder unserer politischen Gestaltung.
Wenn in Kürze 100 Jahre Burgenland gefeiert wird, so zeigt sich sehr deutlich die Prägekraft der Kirche für die Gestaltung des Landes. Dass das Burgenland so werden konnte, ist wesentlich auch dem Einsatz der Kirchen zu verdanken und dem Einsatz von Menschen, die aus christlichem Glauben heraus die Gesellschaft des Landes mitgestaltet haben. Bei dieser Aufgabe fanden und finden sie auch in der katholischen Soziallehre Orientierung und Ermutigung.
Natürlich gibt es nicht die ein für alle Mal richtigen Strukturen, sondern es gilt immer wieder den Weg in den Herausforderungen der Zeit zu suchen. Damit die Kraft Gottes in dieser Welt und als für die Welt Wirksames erkennbar ist und bleibt, dazu soll uns die Soziallehre Anstoß geben.