Es gibt eine Möglichkeit herauszufinden, ob man für ein Brett einen Nagel oder eine Schraube braucht. Man schlage einen Nagel in das Brett: Wenn es zersplittert, dann weiß man, dass eine Schraube besser gewesen wäre.
Natürlich ist es wichtig, Erfahrungen selbst zu machen, aber muss man jede selber machen, selbst auf die Gefahr hin, durch die Erfahrung alles zu zerstören? Veränderungen, neue Lebenswege muss man natürlich ausprobieren, das alles muss aber nicht ins Leere gehen. Denn wir haben Vorbilder, die zeigen, was geht, die uns vorgelebt haben, dass das Leben glücken kann, die die Frage Nagel oder Schraube für sich und damit auch für uns beantwortet haben.
Maria wird heute oft mit Skepsis begegnet, sie eignet sich für viele nicht als Vorbild, wie sie glauben. „Mir geschehe nach deinem Wort!“ Dieser Satz gilt für viele als Unterwerfung, als Verlust der eigenen Handlungsmöglichkeiten. Selbst ist die Frau, und selbst ist der Mann: Warum sich einordnen, selbst muss man alles erleben! Der Schwache, der selbst nicht den Mut zur Erfahrung hat, ist auf andere angewiesen und muss sich ihnen unterordnen. Deswegen glauben manche, Maria nicht brauchen zu können. Und dann noch Dienerin oder Diener zu sein! Das ist doch Verzicht auf die eigenen Möglichkeiten.
Ist Maria aber nicht ganz anders? Sie unterwirft sich dem Willen Gottes aus freien Stücken, um wahrhaft sie selbst sein zu können. Sie verlässt sich auf Gott, um ganz für die Menschen da sein zu können. Damit wird eine neue Gesellschaft möglich, in der Zustände umgekehrt werden: Die Mächtigen stürzt er vom Thron, die Niedrigen erhöht er. Wir müssen nur wie Maria auf ihn hören, weggehen von unserer Sucht, alles selbst erfahren zu müssen und dadurch zu zerstören. Der Blick auf eine andere Gesellschaft, er ist gebunden an die Erwartung Gottes.
Ein Bauer fordert am 15. August seinen Nachbarn, der auf dem Feld arbeitet, auf mitzukommen und tut dies mit den Worten: „Heute ist Maria Himmelfahrt.“ Sagt der Angesprochene: „Warum, ich fahre ja sowieso nicht mit!“ Man braucht ja nicht sofort in den Himmel zu fahren, aber Maria ist ein Zeichen der Hoffnung und der Zukunft.
Gott kommt in Maria auf den Menschen zu und nimmt den Menschen bei sich im Himmel auf. Dieses Fest Mariä Aufnahme in den Himmel, wie es liturgisch richtig heißt, ist somit eine Aufforderung an uns, dass wir uns der Erfahrung Mariens anschließen und uns von Gott in den Himmel aufnehmen lassen.