Vor kurzem war ich im Theater. Vor dem Eingang bekam ich das Gespräch zwischen einer Dame und ihrem Begleiter mit. Sie gab ihrem Begleiter, der sich über die Maskenpflicht aufregte, zu bedenken: „Wir sind doch schon in einem Alter, wo man für die Maskenpflicht dankbar sein muss!“ Dabei schien sie sie das gar nicht nötig zu haben.
Dankbar dafür, dass man einer Pflicht unterworfen ist? Nein, neben dem Schutz für sich und andere fand die Dame im Nachdenken noch andere Gründe dafür, dankbar sein zu können, wenn auch mit einem Augenzwinkern. Man kann sein Gesicht, das vielleicht von Falten überzogen und nicht mehr so attraktiv scheint, hinter einer Maske verbergen, ohne diese Absicht zeigen und sich dafür rechtfertigen zu müssen.
Danken hat also nicht nur von der Wortwurzel her mit denken zu tun, sondern auch von der Sache her. Wenn ich nachdenke, kann ich erkennen, wie viel mir gegeben ist, ohne dass ich es erwartet, ohne dass ich dafür eine Gegenleistung erbracht hätte. Das bemerke ich meist nicht auf den ersten Blick.
Dank ist das Wohlwollen, das man jemandem, der uns etwas geschenkt hat, entgegenbringt. Dank setzt voraus, dass man etwas bekommen hat, das man nicht einfordern kann. Darüber kann man sich freuen, und Freude ist die einfachste Form der Dankbarkeit. Nicht nur Kinder bringen ihre Dankbarkeit dadurch zum Ausdruck, dass sie sich über ein Geschenk freuen.
Heute glauben wir oft, nicht dankbar sein zu müssen, weil wir niemandem etwas zu verdanken haben. Und dabei haben wir immer zu wenig. „Wem genug zu wenig ist, dem ist nichts genug!“, ein Ausspruch des griechischen Philosophen Epikur! Daher tun wir uns schwer, dankbar sein, weil wir immer damit beschäftigt sind, wie wir mehr herausbekommen könnten.
Und schließlich glaubt man dann, einen Anspruch auf das alles zu haben. Worauf man Anspruch zu haben glaubt, dafür ist man nicht dankbar. „Hört endlich auf, etwas als Recht zu fordern, was ihr als Gefälligkeit erbitten könnt.“ So der Ratschlag eines Weisen an ein Paar, das sich ständig um etwas stritt und sich so nichts schenkte.
Wenn wir erkennen, dass wir auf vieles, was wir erhalten, keinen Anspruch haben, sondern es uns als Geschenk gegeben ist, werden wir daran „genügsames“ Gefallen finden und Erntedank, auch wenn nicht alles so war, wie wir es uns gewünscht hätten, in Freude feiern können, weil wir auch das sehen, was uns dazugegeben worden ist, obwohl wir keinen Anspruch darauf haben.