Zu Allerseelen gedenken wir unserer Verstorbenen. Vielerorts sind aber die Friedhöfe bei weitem nicht mehr so voll wie in früheren Zeiten. Dazu kommt Corona: Das hat dazu geführt, dass Begräbnisse nicht mehr mit der früher gewohnten hohen Beteiligung von Menschen begangen werden. Man „begräbt“ heute die Verstorbenen oft in der Parte in Zeitungen oder im Internet: für einen weiten Kreis, aber oft nicht mit direkter Beteiligung. Mit dem Tod möchte man nicht allzu viel zu tun haben.
Und in einer solchen Situation jetzt die Diskussion um die Regelung des Gesetzes in Bezug auf Mithilfe bei der Selbsttötung. Die Selbstbestimmung tritt in den Mittelpunkt: Der Mensch soll selbst über seinen Tod entscheiden, den Zeitpunkt selbst bestimmen können. Und diese Forderung ist angesichts von zum Teil nur sehr schwer oder gar nicht auszuhaltenden Schmerzen oder angesichts des Verlustes der meisten Möglichkeiten der Selbstbestimmung zu verstehen.
Nun liegt der Entwurf für die geforderte neue gesetzliche Regelung vor, ein zum Teil sehr verantwortlicher Entwurf und den politischen Sachzwängen abgerungen. Aber es ist auch die Rede vom Dammbruch im Blick auf das Tötungsverbot. Es ist schwer mit diesem Thema rechtlich und moralisch umzugehen.
Ethische Betrachtungen müssen immer von Prinzipien ausgehen, so etwa dem Prinzip des Lebensschutzes. Leben ist ein so wertvolles Gut, wie ernst man es nimmt, zeigt sich auch daran, ob man bereit ist, dafür Opfer in Kauf zu nehmen. Jede Ethik muss aber auch Situationsethik in dem Sinne sein, dass sie die je spezifische Entscheidungssituation in den Blick nimmt und damit dem Einzelfall gerecht wird.
Moralische Kriterien müssen in manchen Fällen hinausgehen über rechtliche Regelungen, die das Minimum an Ethik, ohne das ein Leben in der Gesellschaft nicht möglich ist, darstellen. Nun ist es aber so, dass rechtliche Regelung oft als moralische Berechtigung gesehen wird. Es wird zu betonen sein, dass Beihilfe zum Suizid nur straffrei bleibt, wobei die Tat selbst immer in ihrer moralischen Herausforderung gesehen werden muss. Nur zu leicht könnte es sonst zur Forderung nach Tötung durch andere kommen, wenn sich etwa der Schwerkranke das tödliche Mittel nicht mehr selbst zuführen kann.
Als Christen ist es unsere Aufgabe, alles zu tun, damit Menschen nicht in diese Entscheidung gestellt werden, etwa durch Verstärkung der Palliativmedizin oder der Hospizbewegung, und wenn sie in einer solchen Situation sind, alles zu tun, dass sie den Pfad des Lebens wählen können.