Zusperren, das ist oft eine Notwendigkeit in der Zeit von Corona. Wir sind zum Teil festgelegt auf unsere Räume, müssen uns von anderen fernhalten. Das macht uns dem anderen gegenüber, dem ich ja nicht direkt begegne, oft hart und intolerant. Das Urteil über den anderen steht dabei in vielen Fällen schon fest, bevor ich ihn überhaupt genauer kenne.
Oft ist das oberflächliche Aburteilen aber das, welches sich am längsten hält, weil man sich ja auch nicht die Mühe macht, es zu überdenken. Und in vielen Fällen steht Angst im Hintergrund, die dazu führt, dass Menschen ihre Angst in Recht umwandeln und sie so bekämpfen wollen. Mit dem Lockdown haben wir uns nämlich teilweise in eine beengende Selbstisolation begeben. Wir reden oft nur noch mit uns selbst auf den sogenannten sozialen Medien, und mit denen, die bei uns am Handy oder im Seminarprogramm vorbeikommen. Die, die anders denken, mit denen brauche ich nicht zu reden, ich kann sie sofort aburteilen. Das verschließt und macht Angst.
Weihnachten ist das Fest des Aufsperrens, des Öffnens, des Zugehens auf den anderen, weil Gott auf uns zugeht. „Es hat sich halt eröffnet das himmlische Tor.“ Deswegen auch die Aufforderung: „Fürchtet euch nicht!“ Sollten wir es also nicht so machen wie Gott: zum Mitmenschen kommen, ihm begegnen und uns in dieser Begegnung ein wirkliches Bild von ihm machen, das ganze Original sehen, nicht ein verzerrtes, wenn auch manchmal geschöntes Abbild?
„Haben Sie ein schönes Baby!“ So eine ältere Frau, die ganz angetan von einem Kind ist. „Das ist noch gar nichts, Sie sollten die Fotos von dem Kind anschauen!“ die stolze Mutter.
Weihnachten zeigt uns, wir müssen nicht beim Bild Gottes bleiben, sondern wir können Gott im Kind begegnen. Gott nimmt zu Weihnachten nämlich den Menschen nicht oberflächlich und abgehoben wahr, vom hohen Himmelsthron her. Er kommt herab zu uns, als kleines Kind, als einer von uns. Damit liefert er sich uns aus, lässt sich begreifen, macht sich aber auch angreifbar.
Er weckt im Menschen eine unstillbare Sehnsucht. Die Sehnsucht ist das Werben Gottes um den Menschen, nicht unter dem Niveau zu bleiben, auf das Gott ihn berufen hat. Und Weihnachten ist das Vermitteln der Überzeugung, dass wir dieses Ziel erreichen können. Dazu müssen wir über uns selbst hinaus begeben zu dem, der uns ans Herz greift und damit die Sehnsucht entfacht. Es gibt die Möglichkeit der Öffnung, weil das spaltende Dunkel durch den Glanz von der Krippe, der alle einbezieht, aufgebrochen wird.