Ein Scheich vererbt seinen drei Söhnen siebzehn Kamele. Der älteste Sohn soll die Hälfte der Kamele bekommen, der zweite ein Drittel, der dritte ein Neuntel. Die Söhne sind ratlos, wie sie die Aufteilung durchführen sollen. Acht und ein halbes Kamel für den ersten, noch weitere Zerstückelungen bei den anderen? Als sie so dasitzen und heiß debattieren, kommt ein alter weiser Mann auf seinem Kamel durch die Wüste geritten. Ihm erklären sie ihr Anliegen. Der denkt ein wenig nach, stellt dann sein Kamel zu den siebzehn, sodass achtzehn Kamele dastehen. Die Hälfte, also neun, gibt er dem ersten, sechs, also ein Drittel dem Zweiten, dem dritten ein Neuntel, also zwei Kamele. Das eine Kamel, das übrigbleibt, nimmt sich der alte Mann. Alle sind zufrieden.
Kein böser oder guter Trick, der dahintersteht, dass nun die Teilung zur Zufriedenheit aller durchgeführt werden kann. Ein Halbes, ein Drittel und ein Neuntel bilden noch kein Ganzes, sondern er fehlt noch ein Achtzehntel. Solches Fehlen ist oft festzustellen. Und dann wird gestritten, ein Streit, der blockiert, entsteht, wenn jeder nur an seinen Teil denkt, an das, was er herausholen kann. Wenn aber jemand etwas einbringt, wird eine gute Teilung ermöglicht.
In einer Situation, in der man oft gegeneinander vorgeht wie heute, weil jeder möglichst viel herausbekommen will, brauchen wir Menschen, die Bereitschaft zeigen, zuerst etwas dazuzustellen, sich einzubringen, um alles zu einem guten Ende zu führen. Eine Version der Geschichte geht davon aus, dass der weise Mann ein Wirtschaftswissenschaftler ist, der sein altes ausgemergeltes Kamel in der Aufteilung gegen das festteste austauscht, also auch der Weise vom eigenen Vorteil getrieben ist. „Soll´s sein!“, werden manche sagen, „wenn nur etwas Gescheites herauskommt.“ Aber es ist notwendig, dass einer den Blick auf das Ganze weitet, damit alle dann ihren guten Teil davon bekommen. Es stimmt: Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht. Aber das, was Gemeinschaft, was Solidarität ausmacht, bleibt dann auf der Strecke.
Gott wird manchmal als der bezeichnet, der ergänzt, der also ganz macht. Haben wir nicht oft den Blick auf den anderen verloren, weil wir nicht mehr darauf vertrauen, dass Gott aus uns allen und für uns alle ein Ganzes machen kann? Wenn wir nicht über uns selbst hinausschauen, werden wir auch uns darunter leiden. Dann müssen wir es bei zerstückelten Kamelen belassen. Ist das erstrebenswert?