Olympische Spiele sind etwas Besonderes. Besonders schön werden sie dann, wenn wir viele Medaillen gewinnen. Der bekannte Leitspruch: „Dabei gewesen sein ist alles“ gilt offenbar so nicht, wenn man nur die Tränen derer sieht, die das erwartete Ergebnis nicht erzielt haben.
Wenn man ohne Chancen in den Wettbewerb gegangen ist, dann gilt dieses Motto vielleicht noch. Sonst ist ein Platz auf dem Stockerl das, was zählt, ein vierter Platz schon Verlust. Dies ist besonders bemerkenswert und auch bedauernswert, wenn man bedenkt, dass zwischen dem Podestplatz und dem so verhassten 4. Platz oft nur ein paar Hundertstel an Sekunden oder Punkten liegen. Und man hört die Reporter sagen: „Der vierte Platz, ganz, ganz bitter!“ Dabei sind es oft die Erwartungen der Zuschauer, für die der Sieg oft mehr zählt als für die Sportler selbst.
Ein Schirennen wird brutal durch einen Lawinenabgang beendet. Viele der Sportler geraten in die Lawine. Die Särge der Lawinenopfer sind in einer Sporthalle aufgereiht. Die Frau eines Verstorbenen geht zum ersten Sarg, dann zum zweiten, im dritten liegt ihr verunglückter Mann. Erleichtert, wenn auch bedrückt, sagt sie: „Wenigstens ein Stockerlplatz!“
Ist ein Sieg, ein Stockerlplatz also alles? Wir alle brauchen im Alltag Siege, zu siegen ist eine Bestätigung, die wir alle notwendig haben, aber es ist immer die Frage, wo und wie und mit welchen Mitteln man siegt. Einer unserer Medaillengewinner, Johannes Strolz, hat im Interview gesagt, dass Schifahren, so wichtig es für ihn ist, für ihn nicht an erster Stelle im Leben steht.
Gefragt in Bezug auf seinen Vater Hubert, der in der gleichen Disziplin, nämlich in der Kombination, Olympiasieger geworden war, antwortete der Sohn, er habe ihn nicht in erster als Olympiasieger erlebt, sondern als Vater. Das sagt viel aus über die Wertigkeiten im Leben. Wenn ein Sieg in einer Disziplin vom Menschsein wegführt, führt er in die Verkehrung des Lebens. Ein Sieg kann aber, in der richtigen Einordnung ins Leben, die Freude im Leben als Ganzem aufzeigen.
„Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue bewahrt.“ So verwendet auch Paulus das Bild des Kampfes für das Gelingen des Lebens. Es ist wichtig, in Siegen wie in Niederlagen das, was Bewahren der Treue andeutet, nicht zu vergessen. Zum Menschsein zu stehen, den anderen zu achten, nicht so sehr gegen den anderen, sondern mit ihm zusammen zu kämpfen, die Regeln zu achten, das ist in einer Zeit, in der sich der Sieg zu verselbstständigen droht, wichtig.