Eine Frau, die eben erst Großmutter geworden ist, ruft den Lebensgefährten ihrer Tochter an. „Was ist es, Bub oder Mädchen?“ Der stolze Vater: „Das wollen wir unser Kind selbst entscheiden lassen, wenn es dazu alt genug ist.“
Es fällt Menschen offenbar immer schwerer sich festzulegen, klare Unterscheidungen zu treffen. Man will sich – und auch anderen – keine Möglichkeiten nehmen. Es stimmt ja: Voreilige, zu schnell getroffene Unterscheidungen sind oft Festlegungen, die zu Abgrenzungen führen, die dann Barrieren des Verstehens bilden, die ab- und ausgrenzen. Gut, oft wird dadurch eine Konfrontation verhindert, es nähern sich Positionen an. Aber es kann auch eine Gleichmacherei daraus entstehen, die das Ähnliche betont, aber die mit den Unterschieden gegebenen Akzentsetzungen behindert.
Gerade anlässlich des Vatertages zeigt sich, dass die Unterschiede, die früher hinsichtlich der Erziehung zwischen Vätern und Müttern festgeschrieben waren, eingeebnet werden und die Väter dadurch in der Erziehung mehr Bedeutung gewinnen. Väter und Mütter gleichen sich damit an. Es ist gut so, wenn Väter Babys wickeln oder Mütter mit ihren Söhnen Rennfahrten machen. Aber angesichts der Frage: „Sind die Papas jetzt die besseren Mamas?“ sieht man, dass hier keine Gegenüberstellung bezogen werden soll, sondern eine Sicht in Richtung auf Ergänzung notwendig ist. Erst dadurch können zum Teil auch die spezifischen Möglichkeiten gehoben werden.
Denn oft bleibt man durch solche Vorbehalte auch an der Oberfläche, man lenkt von notwendigen Unterscheidungen ab. So schrieb schon Dichter Franz Kafka, dass unser Leben nur noch Ablenkung sei, ohne dass wir noch wissen, wovon wir abgelenkt werden. Und wir lassen uns offensichtlich nur all zu gerne von Fragen ablenken, die fordernd für uns sein könnten.
Ist das nicht auch mit der Frage so, die Jesus im heutigen Evangelium den Jüngern stellt: „Für wen halten mich die Leute?“ In den Antworten kommt das zum Ausdruck, was Jesus mit den Propheten oder Johannes den Täufer verbindet, was seine Berechtigung hat. Das trifft aber nicht das, was Jesus ausmacht. So antwortet Petrus auf die Frage: „Für wen haltet ihr mich?“ mit der einfachen, aber unterscheidenden Feststellung: „Für den Christus Gottes!“ Damit bezieht er Position, er geht in die Tiefe, damit eine Sicht, in der das zum Tragen kommt, was Jesus über einen guten Menschen hinaus in seiner Einzigartigkeit für uns darstellen kann, eröffnet wird. Eine notwendige Festlegung!
Foto: Pixabay