Die Indianer in einem abgelegenen Reservat wenden sich mit der Frage, wie kalt der kommende Winter werden wird, an ihren Häuptling. Dieser, nicht vertraut mit dem geheimen Wissen seiner Vorfahren, will sich auf die sicherere Seite stellen und befiehlt seinen Stammesmitgliedern, Feuerholz zu sammeln.
Um sich in Bezug auf seine Prognose abzusichern, wendet er sich nach einiger Zeit an den Wetterdienst mit der Frage, wie der Winter werde. Die Antwort: „Sehr kalt!“ Daher der Befehl an seinen Stamm, noch mehr Feuerholz zu sammeln.
Nach einer Woche ruft er wieder beim Wetterdienst an: „Sind Sie ganz sicher, dass der Winter kalt wird?“ Die Antwort wieder: „Sehr kalt!“ Wieder die Aufforderung des Häuptlings, mehr Holz nach Hause zu schaffen. Dieses Spiel wiederholt sich einige Male. Schließlich gibt der Mann vom Wetterdienst dem Anrufenden zu verstehen: „Das wird der kälteste Winter seit Menschengedenken!“ Auf die Frage des Häuptlings, warum er dies so genau wisse, die Antwort: „Die Indianer sammeln wie verrückt Feuerholz.“
Spielt sich nicht Ähnliches oft bei Prognosen ab: Hinweise auf eine mögliche Entwicklung werden geschaffen, finden Beachtung, werden zurückgespielt und dann als verstärkt wahrgenommen. Und der Glaube daran wird stärker. Selbsttäuschung also: Auch wenn das vorhergesagte Ereignis eintreten sollte: Aus dem Hinweis lässt sich das nicht erschließen. Dafür werden die, die diese Vorhersage tätigen, immer sicherer und das lässt jene, die anderer Meinung sind, weil sie vielleicht Hinweise auf eine andere Entwicklung haben, verstummen.
Sollte sich der Häuptling hier nicht darum bemühen, sich das alte Wissen seiner Vorfahren anzueignen, um so eine tragfähige Basis für eine bessere Voraussage zu schaffen?
Gilt solches nicht auch für uns Christen? Oft verzweifeln wir angesichts der Vorhersagen in Bezug auf die Entwicklung des Christentums oder der Kirche. Sicher, es gibt Anzeichen für einen Rückgang der christlichen Substanz in dieser Welt – und wir selbst sind nicht so unschuldig an diesen Hinweisen. Dies bestärkt uns dann in unserer Ansicht, dass sowieso alles nichts mehr nützt. Dadurch werden die Indizien für eine negative Entwicklung verstärkt.
Sollten wir aber nicht auch gegenteilige Tendenzen ernst nehmen? Solches kann uns Mut geben: Wenn wir jemanden sehen, der sein Christentum lebt, Orte aufsuchen, wo Kirche blüht, Situationen ins Auge fassen, in denen Menschen Stütze in ihrem Glauben finden. Und sollten wir nicht selbst Menschen sein, die christlich leben und so den Blick auf Gott hin lenken? Dann wird der Winter nicht so hart wie vorausgesagt werden!
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