Bei der Pastoraltagung am 12. September 2023, im Haus der Begegnung in Eisenstadt, unter dem Motto "Dem Evangelium ein Gesicht" geben, präsentierte Bischof Ägidius Zsifkovics das Arbeitsprogramm für das Jahr 2023/2024. Hauptreferent der Tagung war der Wiener Dogmatiker Professor Jan-Heiner Tück.
In Form eines Zehnpunkteplans hat Bischof Ägidius Zsifkovics das Arbeitsprogramm skizziert, mit dem die Diözese Eisenstadt in den Herbst startet. Neben grundlegenden Eckpunkten wie der Verpflichtung auf einen "synodalen und pastoralen Weg" finden sich darin auch konkrete Ansagen wie jene eines Kirchenneubaus in Bruckneudorf, eine große Pilgerreise zum Jubiläum 100 Jahre Landespatron Hl. Martin 2024 nach Tours und Aufrufe, Kirchen offen und einladend zu gestalten, Gastfreundschaft zu üben, Hauskirchen einzurichten und dem Klerikalismus Einhalt zu gebieten.
Die zentrale Aufgabe für ein zeitgemäßes Christentum ortete der Bischof in seinem Eröffnungsvortrag darin, mehr Mut in der Glaubensverkündigung aufzubringen. Es gelte, wieder mehr von Gott zu reden - allerdings nicht in Form der "Weltverbesserer, Gottesschwätzer, Sektierer und religiösen Marktschreier", sondern in Form des biblischen, tastenden Erzählens von Gott. "Wenn wir nicht den Mut haben, Gott zur Sprache zu bringen, dann würden unsere Häuser leer bleiben und dann ist es nur mehr eine Frage der Zeit, bis das Unbewohnte, das Leblose ein Relikt der Vergangenheit und eine Reliquie sind."
Dazu gehöre nicht nur der Einsatz für die Würde jedes Menschen oder der Einsatz für eine kirchliche Kultur der Achtsamkeit, führte Bischof Zsifkovics unter Verweis auf eine neue Gewaltschutzbroschüre der Diözese fort, sondern auch die Pflege der Sakramente sowie die Pflege der theologischen Sprachkompetenz unter Seelsorgern und Priestern. "Ohne theologische Wachheit und ohne interdisziplinären Diskurs werden wir uns an die anstehenden aktuellen Probleme nicht heranwagen. Reduktionen und billige Vereinfachungen werden, so bin ich überzeugt, neue Problemfelder schaffen." Bischof Zsifkovics appellierte auch an die Sprachsensibilität der Seelsorgenden und Priester: "Bitte achtet auf die Sprache, lernt die Sprache der Menschen und manchem möchte ich sagen: Mach bitte einen Sprachkurs!"
Des Weiteren kündigte der Bischof in dem Vortrag an, dass das ehemalige Franziskanerkloster und die Kirche St. Michael in Eisenstadt revitalisiert wird, damit daraus ein "vitales Zentrum der Kroatischen Mission werden kann". Auch die ungarische Gemeinde und die angestammte deutschsprachige Gemeinde werden weiterhin in diesem Zentrum beheimatet sein - "ein 'Europakloster' im Kleinen", so der Bischof. Er appellierte zudem, Kirchen offen und einladend zu halten: "Die Altäre sind keine Abstell- und Ablageplätze für Blumen, technisches Gerät und Verlautbarungszettel. Einladende Räume schauen anders aus! Heilig, schlicht und schön sind keine Widersprüche. (...) Es gibt weniger Kirchendiebe, als wir vermuten, aber es müsste mehr Menschen geben, die unsere Kirchen als Lieblingsort entdecken."
In seinen Vorträgen bzw. Impulsen rekonstruierte Professor Jan-Heiner Tück u.a. unter dem Titel "Erneuerung aus dem Ursprung" Franziskus' Vision einer synodalen Kirche und deren Wurzeln im Kirchenverständnis des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65). In den konziliaren Wiederentdeckungen des Verständnisses von Kirche als "wanderndes Volks Gottes" und als "Communio" liege ein Kern dessen, was Synodalität meine: dass die Gläubigen selbst aktive Träger der Evangelisierung werden. Auch die Wiederentdeckung des gemeinsamen Priestertums aller Gläubigen und die Würde der Laien in der Kirche gehöre zu jenen bereichernden Aspekten, die das Konzil für den Synodalen Prozess darstelle.
Das Gelingen des laufenden Synodalen Prozesses, der im heurigen Oktober mit einer Bischofssynode in Rom in eine neue Phase tritt, sei jedoch offen, so Tück. Chancen ortete der Theologe darin, dass es die Kirche tatsächlich schaffen könnten, zu einem "offenen Ort" zu werden, "wo sich alle zuhause fühlen". Auch sehe er Chancen, dass eine "hörende Kirche" nicht nur auf die Gläubigen neu zugeht und ihre Nähe zu den "Verwundeten und Armen" entdeckt, sondern auch neu auf den Geist Gottes zu hören lernt.
Demgegenüber bestünden Risiken wie eine Reduktion der Synode auf ein bloß "äußerliches Ereignis ohne substantielle Umkehr" oder ein überzogener "Intellektualismus", der "Papiere produziert und Parteiungen hervorbringt, sich aber von der Wirklichkeit des Volkes Gottes loslöst". Auch sei die Fülle an Themen, die das "Instrumentum laboris" benennt, so groß, dass es einer Fokussierung und "thematischen Konzentration" bedürfe. Ob sich die Strukturierung der vielfältigen Eingaben unter die drei Leitworte Gemeinschaft, Sendung und Teilhabe bewähre, sei ebenso offen wie die Frage nach dem eigentlichen Status der Synode: "Wird die Synode, die von Franziskus durch 80 Nichtbischöfe, darunter Frauen, erweitert wurde, auch als Entscheidungsgremium fungieren - oder wird der Papst am Ende die Definitionshoheit für sich in Anspruch nehmen? Nach der Devise: Erst alle, dann einige, am Ende einer?"
Foto: Johann Artner