Liebe Diözesanfamilie, Schwestern und Brüder im Herrn!
Der Friede sei mit Euch!
Diesen Gruß des Auferstandenen, damals, als niemand an Ostern glaubte, darf ich Euch als meinen Osterwunsch zurufen. Ostern macht das Leben der Christen und das Fundament unseres Glaubens aus. Ohne Ostern, ohne den Auferstandenen, ohne die ersten Oster-zeugen, die diese Botschaft uns weitergegeben haben, wäre unser Glaube nichts. Der Stein würde weiterhin die Gräber unserer Hoffnungslosigkeit versperren, wir wären gescheitert.
Christus ist auferstanden! Der Friede sei mit Euch! – Diese Botschaft möchte ich unseren leidgeprüften Nachbarn in der Ukraine zurufen. Was diese Menschen erleben, ist für uns unvorstellbar, es geschieht vor unseren Augen, vor unserer Haustür, im 21. Jahrhundert.
Ich danke allen Burgenländerinnen und Burgenländern, den Vereinen und Institutionen, den politisch Verantwortlichen, der Caritas, allen Hilfsorganisationen und Initiativen, den Pfarren und vielen Einzelnen, die sich mit großer Hilfsbereitschaft und Solidarität der Menschen im Krieg annehmen, Flüchtlinge aufnehmen, spenden und Gutes tun. Bitte helfen wir weiterhin, die Not dieser Menschen zu lindern!
Zugleich danke ich auch allen für die Beteiligung an der Fastenaktion unserer Diözese – sie ist Ausdruck burgenländischer Solidarität.
Die letzten beiden Jahre der Pandemie sind angesichts des Krieges in der Ukraine nahezu schon vergessen. Wir mussten viel lernen und haben leider auch viel verlernt. Die sogenannte 3G-Regel – geimpft, genesen, getestet – ist uns vertraut, sie wird uns wohl noch länger begleiten.
In diesem Osterbrief möchte ich aber nicht von den bekannten 3G, sondern von den 3F reden. Was meine ich damit?
Das erste F steht für Frustration.
Am Karfreitag, unter dem Kreuz von Golgotha, konnte es nur eines geben: Frustration. Jesu Jünger waren enttäuscht, ratlos, frustriert. Waren die Verheißungen Gottes nur eine Utopie? Ist die Nachfolge Jesu nur eine Täuschung? Wie soll es weitergehen? Was wird auf uns zukommen? Am Karfreitag wurden alle Hoffnungen der Menschen mitgekreuzigt, und es scheint: Auf diesen Gott ist kein Verlass. Hat er sich selbst verlassen? Hat er uns Menschen verlassen? Der Schrei Jesu am Kreuz ist bis heute nicht verstummt: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“
Ich frage mich, ob uns heute die Karfreitagswirklichkeit vielleicht doch näher ist als Ostern? Umbrüche und Unsicherheiten in der ganzen Welt, eine Ich-bezogene Gesellschaft mit einem Lebensstil, der zwischen Verschwendung und Verarmung aufgerieben wird, eine narzisstische Nabelschau der Kirchen, gepaart mit Selbstmitleid, politisches Kalkül und vieles andere mehr. Den jungen Menschen müssen wir ehrlich sagen, dass wir ihnen eine ausgebeutete Erde übergeben. Wie bei den Emmausjüngern gibt es auch heute in Kirche und Gesellschaft und im persönlichen Leben viel Enttäuschung, Ratlosigkeit, Frustration. Ob Gott auch frustriert ist, wenn er seine Schöpfung, die Menschen und diese Welt sieht?
Das zweite F steht für Fusion.
Fusion könnte auch heißen: Gemeinschaft, Miteinander, Füreinander. Ob Fusion das neue Zauberwort für die Bewältigung der Gegenwart und der Zukunft ist? Fusion ist ein Prozess, ein Weg. Die ersten Christen werden in der Apostelgeschichte „Menschen des neuen Weges“ genannt. Der Auferstandene sagt von sich selbst: „Ich bin der Weg“.
Christliche Existenz, Kirche ist ein Weg, Nachfolge Jesu. Christen suchen auf den verschlungenen Pfaden der Welt die Fußspuren Jesu und in der Vielstimmigkeit unserer Zeit die Stimme Jesu. Von ihm haben wir die Charismen, die Gaben des Geistes empfangen, die für uns Gabe und Aufgabe sind. Ich bitte Euch, lassen wir Gottes Geist in unserer Kirche und Welt wirken, löschen wir ihn nicht aus! Er ist der Garant gegen Müdigkeit und Resignation. Der neue pastorale Weg mit den Seelsorgeräumen, den wir seit Jahren in unserer Diözese gehen, der synodale Weg, zu dem Papst Franziskus die ganze Kirche aufgerufen hat, die Anstrengungen in den Pfarren und Dekanaten, die Gottesrede im Religionsunterricht, die gelebte Ehe, die Familien und Partnerschaften, die Pflege unserer Alten und Kranken, das Ja zum Leben und das Begleiten im Sterben – das ist Wirken des Geistes Gottes. Dieses Tun ist ein Zeichen für die Gegenwart des Auferstandenen mitten unter uns, für sein Wirken durch uns, in seiner Kirche.
Ich danke allen bei uns, die Kirche mitbauen und mittragen, die mitdenken und vorausdenken. Es war für mich beeindruckend, wie breit die Beteiligung am synodalen Prozess bisher war. Allein von Kindern und Jugendlichen gab es mehr als tausend Rückmeldungen. Das zeigt, dass junge Menschen noch Erwartungen an die Kirche haben, auch wenn sie manches ärgert und stört. Auch die vor kurzem erfolgten Pfarrgemeinderatswahlen geben mir Mut und Zuversicht. Viele Menschen haben ihre Bereitschaft erklärt, sich für die Sache Jesu in ihrer Pfarre einzusetzen und so lebendige Kirche mitzugestalten. Als Bischof danke ich den bisherigen Pfarrgemeinderäten für ihren engagierten Einsatz und Dienst, den neuen danke ich für ihre Bereitschaft.
Wenn Fusion auch Gemeinschaft heißt, dann gehen wir gemeinsam diesen synodalen Weg und schauen wir auf die Apostelgeschichte, das Kursbuch der österlichen Kirche. Das gemeinsame Gebet, die Feier der Eucharistie, die Sorge um die Armen und das Zeugnis für den Auferstandenen sind die Fundamente unseres Christseins. Fürchten wir uns nicht vor der Fusion, vor der Gemeinschaft. Es braucht heute mehr denn je eine Fusion der Guten für das Gute!
Das dritte F steht für Freude.
Ostern hat mit Freude zu tun, Ostern bedeutet Leben. Durch Jesu Auferstehung werden Angst, Hoffnungslosigkeit und der Tod überwunden. Das ist der Grund österlicher Freude. Darauf gründet auch echte christliche Freude. Diese österliche Freude muss das Markenzeichen der Christen sein. Diese Freude müssen wir wieder neu entdecken. Sie kann weder produziert noch gekauft werden, sie wird von Gott geschenkt. Wir Christen dürfen sie bezeugen und weitergeben. Die Osterzeit ist ein guter Beginn dazu!
In vielen Lebensbereichen, auch in der Kirche, erleben wir die 3F: Frustration, Fusion und Freude. Die Erzählung von den Emmausjüngern ist auch unsere eigene Geschichte. Trotz Frustration können wir in der Gemeinschaft der Kirche dem Auferstandenen begegnen, der still und verborgen durch die Höhen und Tiefen des Lebens mit uns unterwegs ist – das gibt Freude und Hoffnung!
Mit den Emmausjüngern bitten auch wir den Auferstandenen: „Herr, bleibe bei uns!“
Ostern ist die Geschichte eines Lebenden und eines Liebenden. Diese Geschichte wird heuer bei den Passionsspielen in Sankt Margarethen dargestellt. Ich lade alle dazu ein und danke den Verantwortlichen, Mitwirkenden und der Pfarre für ihr österliches Glaubenszeugnis!
Der Friede sei mit Euch! Beten wir für den Frieden in der Ukraine!
+ Ägidius Zsifkovics
Bischof von Eisenstadt
Foto: Franz Josef Rupprecht