"Dank - Gebet - Aufbruch", unter diesem Motto stand die Maria-Namen-Feier am 10. und 11. September im Wiener Stephansdom. Die Rosenkranz-Sühnekreuzzug-Gebetsgemeinschaft (RSK), die die große Glaubensfeier jedes Jahr organisiert, feiert in diesem Jahr ihr 75-Jahr-Jubiläum. Am Samstag stand Erzbischof Kardinal Dr. Christoph Schönborn der Messfeier vor, am Sonntag der Salzburger Erzbischof Dr. Franz Lackner – beide sind Schirmherrn der Gebetsgemeinschaft.
Einen Hoffnungs-Appell trotz sinkender Katholikenzahlen hat Kardinal Christoph Schönborn in den Mittelpunkt seiner Predigt gestellt: „Seien wir unbesorgt, auch wenn wir weniger geworden sind", meinte Schönborn. So sei zwar in den letzten 75 Jahren die Zahl der Mitfeiernden sichtlich geschrumpft, nicht aber die Kraft des Gebets. Auch wenn "es stimmt, dass wir weniger geworden sind und die Zahl der Menschen ohne religiösen Bekenntnis zunimmt", verliere das Gebet nicht an Macht, konstatierte Schönborn. So komme es "nicht auf die Vielen an, sondern auf die Beter selbst, auch wenn es nur ein einziger ist".
Laut Schönborn ist auch Österreich nicht ungläubiger geworden, sondern säkularer. Für den einzelnen Christen heiße es darum, sich selbst nicht als Minderheit zu bedauern, sondern in der aktuellen Gesellschaftsform die Botschaft Jesu zu leben und "das Geschenk des Glaubens" zu feiern.
Das Gebet um den Frieden in der Welt ist angesichts eines Kriegs in Europa dringend nötig: Das hat der Salzburger Erzbischof Franz Lackner bei der Maria-Namen-Feier am Sonntagnachmittag im Wiener Stephansdom betont. Seit 75 Jahren bete die Rosenkranz-Sühnekreuzzug-Gebetsgemeinschaft bereits um "Frieden unter den Völkern und in den Herzen der Menschen", nun sei man "einem Weltkrieg näher als wir wahrhaben wollen".
Kritik übte der Salzburger Erzbischof an der Auffassung, "ein Recht auf ein glückliches Leben" zu haben. Gleichzeitig stellte er eine gesellschaftliche Müdigkeit in puncto der Hoffnung auf Erlösung und Auferstehung fest.
Lackner berichtete in seiner Predigt auch von seinem Besuch im ukrainischen Lemberg Anfang Juli, wo er viele Kinderheime, Flüchtlingslager und Kirchen besucht hatte. Er schilderte dabei die Trauer einer Mutter um ihren im Krieg gefallenen Sohn sowie die Hoffnungslosigkeit angesichts des Leides und eines sinnlosen Kriegs. Der Glaube an die Auferstehung und Gott könne in Zeiten einer solchen Verzweiflung und Trauer helfen, so der Erzbischof.
Das Grußwort zur Maria-Namen-Feier kam vonseiten des Päpstlichen Nuntius in Österreich, Erzbischof Pedro Lopez Quintana. Dieser bat darum, das Gebet zu intensivieren, sodass "in den Herzen vieler Menschen ein Aufbruch in der Hoffnung, Liebe und Glaube geschehen kann".
An beiden Tagen hielt der Bezirksvorsteher Wien-Innere Stadt, Markus Figl (ÖVP), zu Beginn der Feier ein kurzes Impulsreferat. Er betonte, dass in Zeiten der Gesundheits-, Natur- und Politikkrisen gilt, Religion statt Krise und Religiosität statt Krisenstimmung zu fördern. Bezirksvorsteher Figl ist der Großneffe von Bundeskanzler Leopold Figl, der 1955 als Außenminister den österreichischen Staatsvertrag unterzeichnete.
Die Wiener Maria-Namen-Feier geht ursprünglich aus der Dankesfeier für die Befreiung der österreichischen Hauptstadt von der Türkengefahr hervor und hat sich in den vergangenen 70 Jahren zu einem Friedensgebet gewandelt, das jährlich begangen wird. Dabei hat besonders die Prozession, historische Bezüge: Als sich die vereinigten christlichen Heere gegen die zweite Wiener Türkenbelagerung formierten, wurde die Schutzmantelmadonna vorangetragen.
Die Prozession erinnert auch an die großen Bittumzüge über den Wiener Ring, die die 1947 vom Franziskanerpater Petrus Pavlicek (1902-1982) gegründete Rosenkranz-Sühnekreuzzug-Gebetsgemeinschaft organisierte und dabei zum Gebet für die Freiheit des nach dem Krieg besetzten Landes aufrief. An diesen großen Prozessionen nahmen auch der damalige Bundeskanzler Leopold Figl und andere Spitzenpolitiker gerne teil.
Fotos: kathbild.at / Franz Josef Rupprecht