Am Freitag, den 11. November, feierte die Diözese feierlich ihren Diözesan- und Landespatron, den hl. Martin. Ehrengast der Diözese Eisenstadt war Kardinal Jean-Claude Hollerich, Präsident der Kommission der Katholischen Bischofskonferenzen der Europäischen Union (ComECE) und Generalrelator der Bischofssynode. Zusammen mit dem Bischof von Eisenstadt, Msgr. Dr. Ägidius Zsifkovics stand er der Festmesse um 9.00 Uhr in der Domkirche in Eisenstadt vor, an der viele Priester, Diakone, Vertreter aus Politik und Gesellschaft sowie Gläubige aus allen Teilen des Burgenlandes und der Diözese Eisenstadt teilnahmen.
Die Feier des Martinsfestes begann am Vorabend, Donnerstag den 10. November, mit der byzantinischen Vesper als Friedensgebet.
Beschlossen wurde das Martinsfest 2022 mit dem traditionellen Laternenumzug vom Schloss Esterházy zum Dom, wo die Kindersegnung stattfand.
Von großer Bedeutung waren die Aussagen von Kardinal Hollerich bei der Dankfeier zu Martini im Eisenstädter Dom um 14.00 Uhr.
Das diesjährige Martinsfest in der Diözese Eisenstadt stand im Zeichen von Solidarität, Gerechtigkeit und dem Bemühen um Frieden.
In seiner Predigt rief Kardinal Hollerich zu einer neuen Kultur des Teilens auf. Teilen bzw. Solidarität wahrhaft christlich verstanden sei mehr als nur das Geben vom Überfluss. Der Heilige Martin, der - ähnlich wie heute - in einer Zeit des Übergangs lebte, habe es vorgezeigt: Bei den römischen Soldaten gehörte die Hälfte ihrer Ausstattung dem römischen Staat bzw. der Armee, die andere Hälfte war ihr Privatbesitz. Der Heilige habe also, als er seinen Mantel teilte, alles verschenkt, was ihm gehörte. Er habe sich auf eine Stufe mit dem Bettler gestellt und habe so Gerechtigkeit hergestellt, betonte der Kardinal: "Wäre es nicht schön, wenn wir uns sagen könnten, dass all das, was wir besitzen, ein Geschenk Gottes ist? - Ein Geschenk, das uns anvertraut ist. Das uns gar nicht gehört und das wir mit anderen teilen." Das sei freilich alles andere als einfach, räumte Hollerich ein, "auch nicht für Bischöfe".
In einer solchen Haltung des Teilens und der gegenseitigen Fürsorge könne eine neue Kultur entstehen. Dazu brauch es freilich auch mehr als nur ein "Scheinchristentum", mahnte der Kardinal, der zugleich selbstkritisch fortsetzte: Auch die Bischöfe seien vor diesem Scheinchristentum nicht gefeit: "Man betet sein Brevier, geht zur Anbetung in der Kapelle. Man feiert die Heilige Messe. Und dann trifft man Entscheidungen nach anderen Kriterien als denen des Evangeliums. Und dann liege ich falsch. Denn: Das Gebet und die Messe müssen mir ja helfen, damit die 24 Stunden des Tages mit Liebe, mit christlichem Denken und Handeln erfüllt sind."
Der Luxemburger Kardinal verwies auf ein Sprichwort: "Man wird nicht automatisch zu einem Auto, wenn man jede Woche 40 Minuten in einer Garage steht." Und so sei es auch mit dem Christentum. Man werde nicht automatisch nur deshalb zum Christen, wenn man jeden Sonntag die Messe besucht. In der Eucharistiefeier müssten sich die Gläubigen formen und verändern lassen und zu liebenden, teilenden und letztlich zutiefst glücklichen Menschen werden.
Zum Teilen gehöre auch, so Hollerich weiter, den Mitmenschen nicht zu verurteilen, ihn anzunehmen und ihn zu begleiten. Zeit teilen sei besonders wichtig in der gegenwärtigen schnelllebigen Welt: "Und wenn wir unseren Kindern diese urchristlichen Werte weitergeben, dann werden sie glückliche Menschen sein".
Der Erzbischof von Luxemburg kam auch auf den Ukraine-Krieg zu sprechen und unterstrich den unbedingten christlichen Einsatz für den Frieden. "Sicher muss der Friede auch mit Waffen verteidigt werden. Das hatten wir vergessen und wir haben es jetzt wieder gelernt. Aber das alleine genügt nicht. (...) Der höchste Widerstand, den wir leisten können, ist der Widerstand der Liebe." Die Kultur der Liebe werde letztlich über den Krieg triumphieren, zeigte sich der Kardinal überzeugt. Und er fügte hinzu: "Das wird auch Opfer kosten. Die Kirche zählt auch viele Märtyrer. Aber die Liebe allein wird triumphieren, weil Gott die Liebe ist."
Bischof Zsifkovics konnte im bis auf den letzten Platz gefüllten Eisenstädter Dom u.a. auch den griechisch-orthodoxen Metropoliten Arsenios (Kardamakis) und den evangelischen Superintendenten Robert Jonischkeit begrüßen. Auch Altbischof Paul Iby feierte mit. Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der Politik waren ebenfalls gekommen. Die musikalische Gestaltung hatten der "Chor der Religionslehrer:innen der Diözese" gemeinsam mit der Tamburizza Koprive (Szentpéterfa, Ungarn) und der Polizeimusik Burgenland inne. Im Anschluss an die Messe wurden die traditionellen Martinskipferl gesegnet und verteilt.
Vesper und Gebet für den Frieden am Vorabend
Schon am Donnerstagabend wurde im Eisenstädter Dom im Rahmen einer byzantinischen Vesper für den Frieden in der Ukraine gebetet. Der Generalvikar der katholischen Ostkirchen in Österreich, Yuriy Kolasa, stand dem Gottesdienst gemeinsam mit Kardinal Hollerich und Bischof Zsifkovics vor. Bischof Zsifkovics zeigte sich in seinem Grußwort tief betroffen vom Leid der Menschen in der Ukraine und rief zum verstärkten Gebet, aber ebenso auch zur materiellen Hilfe auf. Die Menschen im Burgenland sollten zu Martini zu "Lichtträgern und Friedensboten" werden und "Hoffnung, Trost und Zuversicht in die Welt tragen". Er bete inständig für den Frieden in der Ukraine, so der Bischof und dass dann auch - "Gott möge es geben" - Versöhnung möglich wird.
Die burgenländische Caritasdirektorin Melanie Balaskovics zitierte bei der Vesper aus einem Hilfsschreiben des Charkiwer griechisch-katholischen Bischofs Vasyl Tuchapets, der von unbeschreiblicher Not berichtete. Die Dörfer in der Umgebung Charkiws wurden durch den russischen Beschuss schwer beschädigt, sodass die Menschen in der Stadt Schutz suchen. Viele Gebäude hätten durch den Beschuss aber zerbrochene Fenster, sodass die erste Aufgabe darin bestehe, dafür zu sorgen, dass es die Menschen in ihren Wohnungen warm hätten. Lebensmittel, warme Sachen und Medikamente würden weiterhin benötigt, wobei letztere Priorität haben, da mit dem kalten Wetter auch saisonale Krankheiten auftreten werden. Die Kirche verteile so viele Hilfsgüter wie möglich, sei freilich auf Hilfe von außen angewiesen.
Im Zuge der Feierlichkeiten zu Martini bitten die Diözese Eisenstadt und die Caritas Burgenland deshalb um eine gemeinsam Martinstat. Unter dem Motto "Fenster für Frierende" kann für die durch den Winter bedrohten Menschen der zerbombten Stadt Charkiw in der Ostukraine gespendet werden.
(Caritas der Diözese Eisenstadt, IBAN: AT34 3300 0000 0100 0652, BIC: RLBBAT2E, Verwendungszweck: Martinstat Winterhilfe)
Dankfeier und Dankandacht am Nachmittag
Am Martinstag fand um 14.00 Uhr in der Domkirche ein Dankfeier und Dankandacht statt. Das Gespräch mit Kardinal Hollerich wurde von der Direktorin der Caritas der Diözese Eisenstadt, Melanie Balaskovics, geführt.
Einmal mehr hat der Luxemburger Erzbischof, Kardinal Jean-Claude Hollerich bekräftigt, dass er die Katholische Kirche mit dem Synodalen Prozess auf einem guten Weg sieht. Die Synode sei jedenfalls keine von oben herab, sondern erfülle sich im Hören auf die Stimmen der Getauften, durch die der Heilige Geist wirke. Das hierarchische Kirchenmodell hat hingegen für den Generalrelator der Bischofssynode ausgedient. Das sei beim bisherigen Synodalen Prozess bereits mehr als deutlich geworden, sagte Hollerich. "Wir alle sind die Kirche, sind das Volk Gottes, der Bischof gehört genauso dazu. Manchmal geht er voran, manchmal ist er mittendrin, manchmal geht er hinterher."
Dieses Hören auf das Volk Gottes sei vor allem auch für die Kirchenleitung von besonderer Bedeutung. Hollerich berichtete über eigene Erfahrungen, dass er sich etwa stets bemühe, mit Jugendlichen in Kontakt zu kommen, um deren Lebenswelten kennenzulernen, die sich ja ständig änderten. Was andere Menschen in ihren Familien mitbekommen, sei bei Geistlichen so weniger möglich: "Wenn ich mich als Bischof immer nur mit der gleichen kleinen Gruppe umgebe, die genauso denkt wie ich, und wir uns gegenseitig immer bestätigen, dann verlieren wir den Kontakt zur Realität."
Das Volk Gottes sei naturgemäß mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten unterwegs, "auch nicht alle in der gleichen Spur, manche auch etwas weiter rechts oder links". Aber, so der Kardinal: "Wenn wir in diesem Unterwegs-Sein auf Christus schauen, der in unserer Mitte geht, dann sehen wir durch ihn auch immer unsere Mitgeschwister." Diese Geschwister gelte es bei aller Unterschiedlichkeit anzunehmen.
"Gehen wir diesen Weg gemeinsam und lernen wir voneinander", so der Appell des Kardinals. Verschiedene Erfahrungen und Meinungen sollten als Bereicherung angesehen werden. Der Kardinal wandte sich in diesem Zusammenhang auch gegen ein "europäisches, rechthaberischer Christentum". Im Blick auf die Evangelisierung sagte Kardinal Hollerich: "Wenn ich den Leuten gleich zuerst mit der Moral komme, dann wird sich niemand für das Christentum interessieren. Wenn ich aber vom Leben rede, wie ich von Christus fasziniert bin, dann hören die Leute zu."
Im Anschluss an die Ausführungen des Kardinals, überreichte Bischof Ägidius Zsifkovics päpstliche und diözesane Auszeichnungen an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Verdiente Mitarbeiterinnen der Caritas erhielten Auszeichnungen für 10, 15 und 20 Jahre im Dienst der Caritas. Den Martinsorden in Gold erhielten Wolfgang Werderits, Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe Burgenland und Landesfeuerwehrkommandant i.R. Ing. Alois Kögl.
Bischof Dr. Zsifkovics überreichte zwei päpstliche Auszeichnungen an Mitarbeiter der Diözese welche heuer in den Ruhestand getreten sind.
Die Auszeichnung Ritter des Silvesterordens erhielt der langjährige Direktor der Finanzkammer der Diözese Eisenstadt Richard Dienstl. Das Komturkreuz des päpstlichen Silvester-Ordens erhielt Herbert Hafner für 45 Jahre im Dienst der Diözese – die letzten Jahre als Kanzleidirektor im Bischöflichen Ordinariat in Eisenstadt.
Wir gratulieren herzlich!
Fotos: Diözese Eisenstadt / Franz Josef Rupprecht