Hintergrund des Welttags der Kranken ist ein von Papst Johannes Paul II. initiierter Gedenktag anlässlich des Festes Unserer Lieben Frau von Lourdes.
Der Dienst an den Kranken ist ein Grunddienst der Kirche, basiert auf der Botschaft Jesu, der auf Unverständnis und Infragestellung geantwortet hat: „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken.“ (Lukas 5, 31) In dieser Begegnung Jesu mit seinen Kritikern wird bereits deutlich, dass der Dienst der Heilung ein umfassender ist, also nicht nur im Blick auf das körperliche Unwohlsein, sondern in einer ganzheitlichen leiblich-seelischen Dimension gesehen werden muss.
Die körperliche Dimension ist wesentlich; aber ohne soziale Bezüge nützt auch ein „gesunder“ Körper wenig. Denn der Mensch ist auf Gemeinschaft hin angelegt, er ist ein Gemeinschaftswesen. Und gerade diese Dimension, dieses Ausgerichtetsein auf ein „Du“, das weist den Menschen über sich selbst hinaus – ja, sogar über das, was wir sinnlich (naturwissenschaftlich) erfassen können. „Gesundheit“ und „Wohlergehen“ beinhalten immer eine transzendente Komponente.
Die kirchliche Tradition kennt die Praxis der „Werke der Barmherzigkeit“, in Anlehnung an Matthäus 25.
Die leiblichen Werke sind
- Hungrige speisen
- Durstige tränken
- Fremde beherbergen
- Nackte kleiden
- Kranke pflegen
- Gefangene besuchen
- Tote bestatten
Die sieben geistlichen Werke der Barmherzigkeit sind
- Unwissende belehren
- Zweifelnden raten
- Trauernde trösten
- Sünder zurechtweisen
- Dem Beleidiger verzeihen
- Unrecht ertragen
- Für Lebende und Tote beten
Joachim Wanke, emeritierter Bischof von Erfurt, formulierte die Werke der Barmherzigkeit neu, für unsere Zeit
- Einem Menschen sagen: Du gehörst dazu
- Ich höre dir zu
- Ich rede gut über dich
- Ich gehe ein Stück mit dir
- Ich teile mit dir
- Ich besuche dich
- Ich bete für dich
Das könnte auch als eine spirituelle Anleitung für Krankenbesuche verstanden werden.
Der seliggesprochene Arzt Dr. Ladislaus Batthyany-Strattmann hat auch seinen ärztlichen Dienst in so einer spirituellen Weise verstanden und zu leben versucht, wie ein Tagebucheintrag nahelegt:
„Ich liebe meinen Beruf, der Kranke lehrt mich Gott immer mehr lieben, und ich liebe Gott in den Kranken, der Kranke hilft mir mehr als ich ihm! Er bedeutet für mich und überhäuft mich und meine Familie mit Gnaden. Der Kranke macht mich dank Gottes Güte zu einem Simon von Cyrene, indem ich helfe, das Kreuz Christi tragen, das Kreuz des Nächsten durch Nächstenliebe!“
Es ist gut, dass die moderne Medizin und Pflege, auf Basis naturwissenschaftlicher Erkenntnisse, früher oft unvorstellbare Erfolge in Heilung und Betreuung erzielen kann. Dass dabei die Gefahr besteht, den Menschen an sich aus dem Blick zu verlieren und nur seine konkrete Beschwerde isoliert zu betrachten, gehört ebenso zum heutigen Allgemeinwissen.
Diese beiden Gedenktage am 22. Jänner bzw. 11. Februar könnten Anlass sein, sich aus christlicher Perspektive immer wieder zu vergewissern, ob noch der Mensch um seiner selbst willen im Zentrum der Sorge und Begleitung steht.
Nikolaus Faiman