Was Pfarrgemeinderät:innen bewegt
Im Oktober 2024 beantworteten mehr als 3000 Pfarrgemeinderäte und Pfarrgemeinderätinnen aus allen österreichischen Diözesen die Fragen des „PGR-Kompasses“. Sie gaben Auskunft über ihre Themen, ihre Motivation, ihre Zufriedenheit und ihre Sicht auf die Zukunft des Pfarrgemeinderates. Das Ergebnis ist überwiegend positiv: Die Befragungsteilnehmer:innen zeigen eine sehr hohe Zufriedenheit mit ihren Pfarrgemeinderäten, sie stellen ihnen ein gutes Zeugnis aus: In der Fähigkeit zum Kompromiss, in der Ausgewogenheit bei der Beteiligung, im Miteinander von Alt und Jung, von Frauen und Männern und in der Konfliktbearbeitung.
Herausforderungen sehen die Befragungsteilnehmer:innen in der Balance zwischen Glaubensvertiefung und aktivem Tun, dem Gewinnen neuer Pfarrgemeinderät:innen und in der Konkretisierung gesellschaftspolitischen Engagements. Die Pfarrgemeinderät:innen sehen ihre Tätigkeit als sinnstiftendes Ehrenamt, sie haben ein thematisch breites Wirkungsspektrum und Ideen für die Zukunft der Pfarrgemeinden.
Die Teilnehmer:innen: Querschnitt aller Altersgruppen
Die Teilnehmer:innen an der Befragung „PGR-Kompass“ waren 17 bis 88 Jahre alt. Die an den Fragebogen angefügte Typologie zeigt, dass die Pfarrgemeinderats-Mitglieder nicht nur viele Generationen umspannen, sondern auch aus verschiedenen gesellschaftlichen Milieus kommen. Sie repräsentieren noch besser als bisher angenommen die gesellschaftliche Breite der Pfarrgemeinde-Mitglieder. 60 Prozent der Teilnehmer:innen waren Frauen, 40 Prozent Männer. Sieben Prozent nahmen als hauptamtliche Mitarbeiter:innen der Diözesen teil.
Thematisch breit aufgestellt
Die teilnehmenden Pfarrgemeinderät:innen konnten sich zu 17 Themenbereichen der Pfarrpastoral, darunter Familienpastoral, Trauerbegleitung, Entwicklungszusammenarbeit und Schöpfungsverantwortung zuordnen. Feste und Feiern (zwei Drittel), Liturgie (die Hälfte), Öffentlichkeitsarbeit (nahezu 40%) und Soziales (ein Drittel) wurden am häufigsten als thematischer Zuständigkeitsbereich genannt. Mit knapp 32% ebenfalls ganz oben: Kinder- und Jugendpastoral.
Engagement für Kirche und Gesellschaft
Schon die hohe Beteiligung an der Umfrage unterstreicht das große Interesse der Ehrenamtlichen, aktiv zur Gestaltung ihrer Pfarrgemeinden beizutragen.
Die Gründe für das Engagement im Pfarrgemeinderat und in der Pfarrgemeinde sind vielfältig.
98 Prozent der Befragungsteilnehmer:innen gaben als Grund für ihr Engagement an, „das Pfarrleben aktiv mitgestalten zu können“. Dann folgt als hoch bewertetes Motiv für das Engagement schon der „Spaß, in der Pfarre mitzutun“ (90%).
85% geben an, im Pfarrgemeinderat den „Glauben aktiv leben“ zu können. 90% der Teilnehmer:innen finden, dass sie ihre Kompetenzen zufriedenstellend einbringen können. Knapp 80% Prozent sehen mit dem Engagement im Pfarrgemeinderat eine Möglichkeit, etwas „Sinnvolles“ mit ihrer Freizeit anzufangen.
Die Pfarrgemeinderäte bieten mit ihrer Themenbandbreite viele Möglichkeiten, sich in Kirche und Gesellschaft zu engagieren. Im Pfarrgemeinderat zu sein stärkt das Bewusstsein für die Selbstwirksamkeit der engagierten Katholik:innen.
Gepflegte Spiritualität
Glaube und Spiritualität werden im Pfarrgemeinderat mit konkretem Engagement zu Lebensfragen und in die Gesellschaft hinein verbunden.
Für 80 Prozent der Befragungsteilnehmer:innen sind Glaube und Spiritualität im Engagement wichtig. Fast drei Viertel finden, dass Glaube und Spiritualität bei der Entscheidungsfindung im PGR wichtig sind. Für 70% gibt es ausreichend Zeit für die Vertiefung von Spiritualität im Pfarrgemeinderat. Bei der Beschäftigung mit dem Wort Gottes, der Bibel, sind nur 43% der Teilnehmer:innen der Meinung, dass dafür genug Zeit ist.
Herausforderungen
Trotz der überwiegend positiven Resonanz zeigt die Studie in wichtigen Bereichen Entwicklungspotenzial auf. Als zentrales Thema wurde die Verbesserung der Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen genannt. Hier wünschen sich viele Befragte mehr Transparenz bei Entscheidungsprozessen und eine stärkere Einbindung.
Gesellschaftliche Relevanz: Die Pfarrgemeinderäte sehen sich als Gremien, in denen gesellschaftliche Themen wie Spaltung diskutiert werden sollen. Allerdings zeigt sich eine gewisse Zögerlichkeit bei der Umsetzung konkreter Maßnahmen. Hier liegt Potenzial, die gesellschaftliche Relevanz der Kirche zu stärken.
Beim Blick auf die Themen, in denen sich die PGRs engagieren, zeigt sich, dass die soziale Dimension stark ausgeprägt ist. Das Bewusstsein für Schöpfungsverantwortung und Klimaschutz ist derzeit eher unterrepräsentiert.
Die Pfarrgemeinderäte haben den Anspruch, Menschen aus möglichst vielen gesellschaftlichen Milieus zusammenzubringen. Besonders stark im Pfarrgemeinderat vertreten sind die bürgerlichen Milieus. Es bleibt die Herausforderung, weitere Milieus stärker als bisher im Pfarrgemeinderat zu repräsentieren.
Ideen für die Zukunft
Die offene Frage, wie Menschen in Zukunft für den Pfarrgemeinderat gewonnen werden können, ergab eine Fülle an Ideen für das Ansprechen und Gewinnen von Menschen für den Pfarrgemeinderat. Diese Fülle kommt aus den eigenen Erfahrungen mit Pfarrgemeinde und aus der eigenen Zufriedenheit: Jene, die gerne dabei sind, haben es leichter, Neue für den Pfarrgemeinderat zu finden.
Weiterarbeit mit dem PGR-Kompass in der Diözese
Die Ergebnisse der Befragung bieten eine solide Grundlage für die Weiterentwicklung der Pfarrgemeinderatsarbeit in den Diözesen. Sie zeigen sowohl die Stärken des ehrenamtlichen Engagements als auch konkrete Ansatzpunkte für Verbesserungen auf allen Ebenen.
„Wir wollen gut auf die Anliegen der Pfarrgemeinderät:innen eingehen. Die diözesanspezifischen Ergebnisse wurden unter anderem schon in der Dechantenkonferenz präsentiert und mit Kolleg:innen aus unterschiedlichen diözesanen Abteilungen reflektiert. DIe Umfrage zeigt, wie sehr sich Ehrenamtliche einbringen wollen. Gleichzeitig brauche es eine gute Unterstützung vonseiten der diözesanen Abteilungen, um eine Überforderung der PGRs zu vermeiden.", sagt Barbara Buchinger, Mitarbeiterin im Bereich Gemeindepastoral der Pastoralen Dienste und Mitglied der Geschäftsleitung der Konferenz der Pfarrgemeinderats-Referent:innen in den österreichischen Diözesen.
„Die Pfarrgemeinderäte leben ihren Glauben im konkreten Tun und pflegen seit 50 Jahren Synodalität“, sagt Peter Haslwanter aus der Erzdiözese Salzburg, ebenfalls Mitglied der Geschäftsleitung der PGRÖ. „Partizipation und gemeinsames Entscheiden wird gepflegt, anschaulich und konkret.“
„Diese Befragung zeigt, dass die Pfarrgemeinderät:innen sozial engagiert und spirituell kompetent sind“, fügt Bernhard Franz aus der Diözese Innsbruck, Mitglied der AG „PGR-Kompass“ in der PGRÖ hinzu.
„Vor allem der Ideenreichtum in den offenen Fragestellungen hat mich beeindruckt. Wir sind dabei, diese lebendigen Zukunftsbilder in geeigneter Weise sichtbar zu machen“, sagt Beate Schlager-Stemmer aus der Diözese Linz, Koordinatorin der AG „PGR-Kompass“ in der PGRÖ.
Für den Referatsbischof der Pfarrgemeinderäte in der Österreichischen Bischofskonferenz, Josef Marketz, ist nun entscheidend, "einander zuzuhören und gemeinsame Wege zu finden." Die Ergebnisse interpretierte der Kärntner Diözesanbischof in seiner Stellungnahme als Auftrag an die diözesane Leitung sowie an Ehrenamtliche, "aufeinander zu hören und Entscheidungen erst nach einem Austausch zu treffen". Diese sollten im Sinne des synodalen weltkirchlichen Prozesses in Zusammenarbeit erfolgen.
Der Bischof plädierte zudem für eine stärkere Kooperation zwischen PGRs und der Diözese sowie für den Mut, "Grenzen zu verschieben und Widerstände zu verringern". Dies betreffe unter anderem neue pfarrliche Strukturen oder veränderte Aufgaben der PGRs. "Man kämpft zwar oft für das Eigene, aber so kommt man nicht weiter", betonte Marketz. Entscheidend sei es, "den Nachbarn und die größere Einheit" im Blick zu behalten, um tragfähige Entscheidungen treffen zu können.
PGR-Kompass: Jährliche Befragung
Auftraggeberin für diese Befragung, die bis zur Pfarrgemeinderatswahl 2027 jährlich durchgeführt werden wird, ist die „Konferenz der Pfarrgemeinderats-Referent:innen in den österreichischen Diözesen“ (PGRÖ). Wissenschaftlich begleitet und durchgeführt wird sie durch das „Internationale Forschungszentrum für soziale und ethische Fragen“ in Salzburg (ifz).
Presse-Information zum PGR-Kompass 2024, 26. März 2025
PowerPoint Präsentation der Ergebnisse beim PGRÖ Online-Forum am 1. April