„Es war eine erfüllte Zeit“
Religionslehrerin Renate Gegendorfer könnte längst ihre Pension genießen. Doch sie unterrichtet weiter. Für den baldigen Ruhestand hat die 62-Jährige dennoch bereits Pläne geschmiedet.
Christopher Erben
„Ich könnte schon im Ruhestand sein, aber ich mache weiter“, schmunzelt Renate Gegendorfer. „Weil ich meine Kinder mag.“ Sieben Klassen unterrichtet die 62-Jährige an der Volksschule in Oberpullendorf. Vor über 40 Jahren wurde sie Volksschullehrerin. Doch mit der Geburt ihres ersten Kindes legte sie eine 18-jährige Pause ein, da sie sich fortan ihrer Familie widmen wollte. Sie engagierte sich in der Pfarre Oberpullendorf, war Ratsvikarin, leitete Kinder- und Jugendgruppen. Diese Erfahrungen prägten sie. Daher orientierte sie sich auch hauptberuflich dieser Leidenschaft. Im Herbst 2007 begann sie ein zweijähriges Aufbaustudium am damaligen Religionspädagogischen Institut in Eisenstadt zur Religionslehrerin.
Eigene Gebete.
Gerne musiziert sie mit ihren SchülerInnen. „Mitsingen war wegen Corona im Unterricht leider nicht möglich“, bedauert die Pädagogin. Auch das Verwenden von Tüchern und Figuren, die sie zum Begreifen der Feste im Kirchenjahr in die Mitte lege, sei wie so vieles in dieser Zeit stark eingeschränkt. Trotzdem ist die Stimmung im Unterricht oft eine besondere. Gelegentlich tragen die Kinder Gebete vor, die sie sich selbst ausgedacht haben und zeigen ihrer Lehrerin Bilder, die sie gemalt oder gezeichnet haben. Auf einigen davon ist auch Jesus zu sehen – „auf manchen Kunstwerken sogar mit einem kleinen Heiligenschein“, zeigt die Religionslehrerin auf: „Spannend, was man dazu alles erzählen kann!“
Glaube als Halt.
Wenn die Kinder daheim vom Unterricht erzählen, freut das Renate Gegendorfer, weil sie dann weiß, dass er bei ihnen ankommt. Jede Stunde gestalte sie aber anders. Nicht nur religiöse, sondern auch gesellschaftspolitische Themen, die Kinder bewegen, kommen darin zur Sprache. So zum Beispiel Schöpfungsverantwortung, Umweltschutz oder zuletzt der Terroranschlag in Wien. Einen wichtigen Platz im Religionsunterricht hat der wertschätzende Umgang mit Menschen anderen Glaubens. Eines Tages sagte ein Bub zu ihr, dass er zwar nicht an Gott glaube, aber ihn diese Themen sehr beschäftigen. Daher wolle er weiterhin den Religionsunterricht besuchen, so der Schüler. „Kinder tragen viele Themen mit sich herum“, weiß die Lehrerin. Der Glaube soll sie daher nicht belasten, sondern alltagstauglich sein und ihnen Halt und Trost geben sowie Vertrauen schaffen. In der heutigen Zeit brauche es daher Menschen, die den Glauben leben und ihre Gotteserfahrung weitergeben, ist die Pädagogin überzeugt. „Ich erzähle den Kindern auch, wie ich ihn lebe.“
Die Schüler beneiden ihre Lehrerin.
Einen anderen Beruf als Religionslehrerin kann sich Renate Gegendorfer nicht vorstellen. Manche Kinder beneiden sie auch darum, weil ihre Lehrerin den ganzen Vormittag sich der Religion widmen dürfe. Dann sagen sie zu ihr: „Wir haben nur eine Stunde – du hast aber den ganzen Vormittag.“
Der Ruhestand naht.
Im kommenden Juni ist es soweit: Das letzte Mal wird die Religionslehrerin in einer Klasse in Oberpullendorf stehen. Trauer werde sie dabei nicht empfinden – jedoch viel Dankbarkeit für das Erlebte und die vielen Erinnerungen. „Vielleicht engagiere ich mich karitativ in meiner Heimatpfarre“, denkt Pädagogin Renate Gegendorfer laut über ihre Pläne nach: „Ja, ich freue mich schon riesig auf neue, andere Möglichkeiten.“