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Blick 03/2017
Liebe Schwestern und Brüder in unserer pfarre Kleinhöflein; liebe Gäste unserer pfarrgemeinde!
Vieles hat sich in den letzten Wochen ereignet. Wahlen in unserer Stadt und in unserem Land haben stattgefunden. In unserem je ganz persönli chen Lebensbereichen hat sich - von der "großen Welt" unbemerkt - manches ergeben.
Und immer wieder erreichen uns schreckliche Nachrichten von Terroranschlägen, einer Schie ßerei und von Morden während eines Gottes dienstes, Provokationen auf der Bühne der Welt politik stehen auf den Titelseiten unserer Medien. Was können wir tun als alles betroffen zur Kennt nisnehmen, den Kopf zu schütteln, Mitleid zu empfinden - aber sonst?
Vielleicht könnten wir uns fragen: "Was macht eine Gesellschaft christlich?"
Oder direkter: "Was macht eine Gesellschaft menschlich?"
Oder deutlicher: "Was tue ich, damit meine ganz persönliche Umgebung menschlicher und christli cher wird?"
Der deutsche Physiker und Philosoph Carl Fried rich von Weizsäcker (1912-2007) hat über uns Christen (ohne eine Konfession eigens zu benen nen) gesagt:
"Die Kirche hat nicht den Auftrag, die Welt zu verändern. Wenn sie aber ihren Auftrag erfüllt, verändert s i c h die Welt."
Und ich füge hinzu: "Die Kirche, das bist Du und ich, die Kirche sind wir alle!" Und das in einem freien Land und ohne verfolgt zu werden.
Wo sollen wir mit unserem Auftrag anfangen? Ganz von vorne würde ich sagen. Bei unserem MenschSein. Nur wenn ich ein "guter" Mensch bin, habe ich die Voraussetzung ein "guter" Christ zu sein.
Nur wenn ich mich geliebt weiß, kann ich Liebe schenken und mich auch selbst lieben - dankbar für meine Talente und Fähigkeiten und auch mit allen meinen Schwächen und Schlagseiten.
Die ersten Seiten der Bibel verkünden uns die befreiende Botschaft: "Gott ist der Vater aller Menschen, er liebt jeden Menschen als sein eige nes Kind, jedes in seiner unverwechselbaren Ei genart. Wie könnten wir es also mit unseren Ge schwistern, allen Mitmenschen auf Erden, dann anders halten?
Bleiben wir beim kon kreten Mitmenschen, unserem sogenannten "Nächsten". Es gibt sol che und solche. Solche, die ich mag, die alles von mir erwarten können. Und es gibt solche, die ich nicht ausstehen kann. Und solche, die ich viel leicht sogar verab
scheue. Die eben zweit- und dritt Genannten kann ich "so" lieben, indem ich (zumindest) versu che, sie zu akzeptieren, sie zu respektieren, sie zu grüssen und/oder ihren Gruß zu erwidern. Und ihnen den zum Leben nötigen Raum zuzugeste hen - wie sie es auch mir tun (sollen).
Das ist schwer. Sehr schwer. Aber wenn ich es versuche und tue und dann mit und neben mir eine andere und ein anderer und noch weitere - dann entstehen Kreise, die wir "Lebenskreise" nennen können. Kreise, wo Leben wachsen kann, in denen es sich leben lässt. Der Kreis zieht sich von Mensch zu Mensch, von Familie zu Familie, er umschließt das Dorf, die Pfarre und die Stadt, das Umland und so weiter bis hin zur anfangs genannten Gesellschaft.
Es ist so leicht Mensch und Christ zu sein. Wenn ich es nur wollte und täte. Dann wären der Frie de, das Miteinander und die viel zitierte Gemein schaft unter uns Menschen kein Traum, sondern sie wären zum Greifen nahe.
"Was du den geringsten deiner Schwestern und Brüder getan oder nicht getan hast", sagt uns Jesus im Evangelium zum Martinsfest, "das hast du mir getan oder mir nicht getan." (vgl. Mt 25,40.45)
Mit diesen Gedanken im Herzen wären wir ganz vorne und es kann eine menschliche, eine christliche Gesellschafts- und sogar Weltordnung entste hen.
Es geht nur um die kleinen Anfänge, die jeder und jedem von uns möglich sind.
Mögen uns die Fürsprache des Hl. Martin durch den Advent und das neue Kirchenjahr begleiten. Das wünscht Ihnen und Euch allen
Pfarrer Willi Ringhofer